Selbstverantwortung

Bhaktivinoda Thakur (1838 – 1914) schreibt in „The Bhagavat“:

Freiheit ist gewiss der Vater allen Fortschritts. Heilige Freiheit ist die Ursache für Fortschritt aufwärts und aufwärts in Ewigkeit und endloser Tätigkeiten der Liebe. Missbrauchte Freiheit verursacht Erniedrigung, und der Vaishnava muss stets sorgsam mit diesem erhabenen und wundervollen Geschenk Gottes umgehen. Das Bhagavatam beschreibt den Fortschritt als die Erhebung der Seele aus der Natur zu Gott, aus Maya zum Absoluten und Unendlichen. Daher sagt das Bhagavatam von sich selbst:
„Es ist die Frucht vom Baum der Erkenntnis, verbunden mit dem Nektar der Rede von Sukadeva. Es ist der Tempel spiritueller Liebe. O, ihr Menschen reinen Herzens! Trinkt immer wieder in tiefen Zügen diesen Nektar des Bhagavatam — bis ihr aus dieser sterblichen Hülle erlöst werdet!“
Und dann fügt der fortgeschrittene Vaishnava (Saragrahi) hinzu: „Jene Frucht vom Baum der Erkenntnis ist selbstverständlich sowohl aus süssen wie auch aus gegenteiligen Elementen zusammengesetzt. O, ihr Edlen unter den Menschen! Trinkt diese süssen grundsätzlichen Wahrheiten wie die Biene den Honig von der Blume und weist alles andere zurück.“


Unsere Selbstverantwortung liegt exakt in diesem Satz:
„Trinkt diese süssen grundsätzlichen Wahrheiten wie die Biene den Honig von der Blume und weist alles andere zurück.

Es ist keine Frage, ob diese Aussage ebenfalls auf andere Quellen oder Personen angewandt werden darf oder nicht. Es ist ein grundlegendes Prinzip der Freiheit, und damit untrennbar verbunden mit unserer Eigenverantwortlichkeit.
Man mag sich fragen, warum diese grundlegende Freiheit und Selbstverantwortung so wichtig ist, aber so selten gehört oder geschrieben wird. Bhaktivinoda Thakur gibt die Antwort wenige Absätze vorher:

Offenbarte Wahrheit nimmt im Laufe der Zeit die Färbung desjenigen an, der sie empfängt, und wird durch das Weiterreichen über Zeitalter (oder Zeitepochen) hinweg in einen Irrtum verwandelt. Deswegen sind fortlaufend neue Offenbarungen notwendig, um die Wahrheit in ihrer ursprünglichen Reinheit zu bewahren. Wir werden daher ermahnt, bei unseren Studien der alten Autoren sehr sorgfältig zu verfahren, für wie weise sie auch immer erachtet werden. Hier haben wir die volle Freiheit, die falsche Vorstellung zurückzuweisen, die für unseren Seelenfrieden (peace of conscience = Gewissensfrieden) unannehmbar ist.“

Selbst dann, wenn objektiv betrachtet keine Fehler oder Irrtümer zu erkennen sind, haben wir das Recht und die Freiheit, eigenverantwortlich zu entscheiden (siehe Vers 18.63 aus der Bhagavad-Gita; rechte Seitenleiste →).

Siehe auch: Freiheit — Die Grundlage für echte Bhakti

Schreibe einen Kommentar